Komet C/2020 F3 Neowise über dem Hochrhein

In der Nacht auf den 8. Juli 2020 hatte ich das Glück, den Kometen C/2020 F3 Neowise von der Aussichtsplattform auf dem Cholfirst bei Flurlingen zu fotografieren. Gegen 3:30 Uhr morgens, kurz vor Sonnenaufgang, zeigte er sich eindrucksvoll über Schaffhausen und Buchthalen. Neowise war einer der hellsten Kometen der letzten Jahrzehnte und selbst mit bloßem Auge sichtbar. Da er sich in Sonnennähe befand, war er in dieser Phase nur in den frühen Morgenstunden kurz vor Sonnenaufgang zu sehen. Wenige Tage zuvor und danach konnte er hingegen auch in der Abenddämmerung nach Sonnenuntergang beobachtet werden.

Besonderheiten des Kometen

Besonders beeindruckend war der deutlich erkennbare, leicht gebogene Staubschweif, der sich mehrere Millionen Kilometer weit ins All erstreckte. Von der Erde aus war er über mehrere Grad am Himmel sichtbar. Sein warm-gelbliches Leuchten stammte von feinen Staubteilchen, die das Sonnenlicht reflektierten und streuten.

Fotografisch konnte man zusätzlich einen schwächeren, bläulichen Ionenschweif festhalten, der durch elektrisch geladene Teilchen im Sonnenwind entsteht. In den Aufnahmen dieser Nacht war er nicht sichtbar, doch in tieferen Aufnahmen zu einem anderen Zeitpunkt konnte ich ihn deutlich dokumentieren. Diese Doppelerscheinung machte Neowise zu einem besonders eindrucksvollen Anblick.

Fakten zu C/2020 F3 Neowise

  • Entdeckung: 27. März 2020 durch das Weltraumteleskop NEOWISE
  • Kern-Durchmesser: ca. 5 Kilometer
  • Perihel: 3. Juli 2020 in 44 Millionen Kilometern Abstand zur Sonne
  • Nächste Erdannäherung: 23. Juli 2020 in 103 Millionen Kilometern Entfernung
  • Schweiflänge: bis zu 20 Millionen Kilometer
  • Rückkehr: in rund 6.800 Jahren
  • Leuchtende Nachtwolken als Kulisse

    Das Erlebnis wurde noch einzigartiger durch das gleichzeitige Auftreten von leuchtenden Nachtwolken (noctilucent clouds). Diese extrem seltenen Wolken bilden sich in rund 80 Kilometern Höhe in der Mesosphäre, weit über den üblichen Wolkenschichten. Sie bestehen aus winzigen Eiskristallen, die das Sonnenlicht reflektieren, obwohl die Sonne längst unter dem Horizont steht. So entstanden silbrig-bläuliche Strukturen, die dem Himmel an diesem Morgen eine außergewöhnliche Textur verliehen und Neowise in eine mystische Kulisse einbetteten.

    Als heller Stern erscheint auf dieser Aufnahme die Venus, die den Himmel neben dem Kometen dominiert.

    Technik und Aufnahmesituation

    Für die Aufnahme hatte ich zwei Kameras im Einsatz. Eine war mit 400 mm Brennweite bestückt, um den Kometen im Detail einzufangen. Diese längere Brennweite habe ich mit einem Skywatcher Star Adventurer nachgeführt, sodass der Komet während der Belichtungen stets im Bild blieb. An der zweiten Kamera nutzte ich ein 70–200 mm Teleobjektiv, mit dem ich Panoramaaufnahmen und Sequenzen für eine Zeitrafferaufnahme realisierte, die den Aufstieg des Kometen über dem Horizont zeigt.

    Die Bedingungen waren perfekt. Die Sicht war klar, es wehte kaum Wind, was in dieser Höhe schnell unangenehm werden kann, und trotz der frühen Morgenstunden war die Temperatur angenehm sommerlich. Die Kameras habe ich mit einer Kombination aus Klemme und Kugelkopf direkt am Geländer der Plattform befestigt, da das grobe Lochgitter am Boden das Aufstellen eines Stativs erschwerte. Glücklicherweise war ich allein auf der Plattform, sodass keine Schwingungen durch andere Besucher entstanden, die die langen Belichtungen hätten ruinieren können. Ein Vorteil, wenn man für sein Hobby ungewöhnliche Zeiten und abgelegene Orte in Kauf nimmt.

    Der Standort Cholfirst

    Der Cholfirst ist mit 570 Metern die höchste Erhebung im Zürcher Weinland. Auf seinem Gipfel steht der markante Cholfirst-Sendeturm, der 96 Meter hoch ist. Die Aussichtsplattform befindet sich in 42 Metern Höhe und bietet einen atemberaubenden Rundumblick über den Hochrhein, das Zürcher Weinland und den Hegau. Genau dieser Blick machte die Beobachtung und Fotografie von Neowise zu einem unvergesslichen Erlebnis.

    Die Vulkanlandschaft vom Hegau

    In meinem Panorama ist neben dem Kometen auch die markante Vulkanlandschaft des Hegau deutlich zu erkennen. Die Kegelberge dieser Region prägen den Horizont und verleihen der Szene eine besondere Tiefe. Besonders auffällig sind der Hohentwiel, der mächtige Vulkanberg mit seiner imposanten Festungsruine, sowie der Hohenhewen und der Hohenstoffeln, die beide mit ihren sanften, aber charakteristischen Formen hervorstechen. Der Hohenkrähen hingegen bleibt in dieser Ansicht verborgen, da er sich hinter dem Massiv des Hohentwiel verbirgt.

    So verbindet sich in diesem Panorama der kosmische Anblick des Kometen mit der einzigartigen geologischen Kulisse einer uralten Vulkanlandschaft, die den Blick vom Cholfirst zusätzlich bereichert.

    Fazit

    Für mich persönlich war Neowise der schönste Komet, den ich bisher erleben durfte und den ich auch nie wieder erleben werde. Seine Rückkehr in 6.800 Jahren liegt weit jenseits menschlicher Vorstellungskraft. Wer weiß, wie er die Erde bis dahin vorfinden wird und wie das Leben auf ihr aussehen mag.

    Während im Hintergrund der Komet Neowise majestätisch über dem Himmel stand, leuchteten im Vordergrund die Häuser mit ihrem stillen, menschlichen Leben. Es war, als würden zwei Welten aufeinandertreffen – die vergängliche Wärme unseres Alltags und die unendliche Weite des Universums. Der Komet zog seine Bahn, gleichgültig gegenüber der Zeit, während unten auf der Erde das Leben in kleinen Momenten weiterging. Für einen Augenblick vereinten sich kosmische Dimension und menschliche Nähe zu einem Bild von seltener Tiefe.

    Ich durfte ihn einmal sehen, und trotz seiner fortdauernden Existenz im Universum wird er in meinem Leben nicht wiederkehren. Genau das verleiht diesem Moment eine besondere Tiefe und macht ihn zu einem unwiederholbaren Geschenk des Himmels.